Immer wieder kommt es vor, dass sich auf Erstellung von Webseiten und Plugins spezialisierte Agenturen oder Webdesigner in eine ungünstige Ausgangsposition bringen, wenn es darum geht, Ihren Anspruch auf die vereinbarte Vergütung durchzusetzen. Oft werden keine oder nur unzureichend schriftliche Regelungen getroffen. Vereinbart wird das Leistungsziel und ein Pauschalbetrag bei Lieferung, allein besiegelt durch virtuellen Handschlag per E-Mail.

Möglichkeiten zur Durchsetzung des Vergütungsanspruchs – auch ohne Webdesignvertrag

Nachdem die Webseite fertiggestellt und die entsprechenden Dateien dem Kunden zur Verfügung gestellt wurden, zahlt dieser nicht. Der Rechnungsbetrag wird angemahnt, der Kunde vertröstet die Agentur oder hat etwas an der Seite auszusetzen. Der Webdesigner läuft also entweder hinter dem Geld her oder muss auf die immer wieder vom Kunden eingehenden Aufforderungen zur Nachbesserung in irgendeiner Form reagieren.

Aber halt!

Auch wenn dem Auftrag keine weiteren vertraglichen Regelungen zugrunde liegen, gibt es doch bestimmt gesetzliche Bestimmungen, die dem Webdesigner zu seinem Recht verhelfen?!

Ja, die gibt es:

Die reine Erstellung einer Internetseite oder eines Plugins ist als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB einzuordnen (zur Abgrenzung Werk- und Dienstvertrag lesen Sie hier). Nach Fertigstellung stellt die Abnahme des Werkes nach § 640 BGB einen Meilenstein dar und ist Voraussetzung dafür, dass der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung auch fällig ist. Dabei ist der Kunde zur Abnahme verpflichtet, sofern keine wesentlichen Mängel vorliegen.

  • Der Kunde kann das Werk ausdrücklich abnehmen (optimal, aber eher selten)
  • Der Kunde nimmt das Werk konkludent ab, wenn er erkennen lässt, dass er das Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt und dies durch ein tatsächliches Verhalten, welches geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck bringt (vgl. BGH, Urteil v. 20. Februar 2014 – Az. VII ZR 26/12)
  • Stichwort „fingierte Abnahme“: Das Werk gilt als abgenommen, wenn der Kunde ausdrücklich zur Abnahme aufgefordert und eine angemessene Frist gesetzt wird, die der Kunde verstreichen lässt.
  • Der Kunde nimmt das Werk stillschweigend ab, wenn er es in Gebrauch nimmt, die Webseite also nach Fertigstellung, nicht lediglich zu Testzwecken, in Betrieb nimmt.
Tipp:
Es ist daher ratsam, die Aufforderung zur Abnahme unter Fristsetzung mit in die tägliche Geschäftsroutine aufzunehmen. Ansonsten obliegt es allein dem Zufall, ob durch das tatsächliche Verhalten des Kunden eine konkludente Abnahme angenommen werden kann.

Keine Abnahme – Keine Fälligkeit – Keine Vergütung!


Wie reagiere ich als Internetagentur oder Webdesigner auf ständige Aufforderungen zur Nachbesserung?

Zunächst sei bemerkt, dass eine Abnahme grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt, sobald der Kunde Mängel an der Werkleistung rügt. Anders wäre dies nur, wenn der Auftragnehmer zur Abnahme aufgefordert, eine angemessene Frist gesetzt hätte und der Kunde daraufhin nicht reagiert.

Grundsätzlich ist der Kunde verpflichtet dem Auftragnehmer die Möglichkeit zu geben, etwaige Mängel nachzubessern. Tut er dies nicht und wendet sich direkt an einen Dritten zwecks Mängelbeseitigung, kann er die ihm dadurch entstandenen Kosten nicht gegenüber dem eigentlichen Auftragnehmer geltend machen. Dabei kennt das Werkvertragsrecht im Gegensatz zum Kaufrecht keine Einschränkung hinsichtlich der Anzahl der Nachbesserungsversuche. Das OLG Hamm wies in einer Entscheidung vom 28.02.2013 (21 U 86/12) darauf hin, dass es vom Einzelfall abhänge, ab wann eine Nachbesserung fehlgeschlagen ist. Insofern seien unter Umständen auch mehrere Nachbesserungsversuche erforderlich.

Dies ist für den Auftragnehmer eher günstig, weil er im Gegensatz zum Kunden nicht die Möglichkeit hat ohne Angaben von Gründen den Vertrag zu kündigen und daran interessiert ist, dass der Kunde das Werk irgendwann auch abnimmt. Nur wenn der Kunde erfolglos unter Fristsetzung zu einer für die Herstellung notwendigen Mithandlung aufgefordert wurde, ist es dem Auftragnehmer möglich, den Vertrag nach § 643 BGB ordentlich zu kündigen.

Jetzt aber!

Der Webdesigner ist -ganz anders als der Kunde- der Auffassung, das Werk weise keine wesentlichen Mängel auf (vgl. § 640 Abs.1 S.2 BGB). Der Kunde verweigert die Abnahme.

  • Klage auf Abnahme der Werkleistung und Zahlung der Vergütung in demselben Verfahren

Dies gilt auch für den Fall, dass der Kunde die Abnahme verweigert und den Vertrag nach § 649 BGB ohne Angaben von Gründen kündigt. Denn Voraussetzung des Vergütungsanspruches ist auch im Fall einer Kündigung gemäß § 649 BGB, dass das Werk abgenommen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006 – VII ZR 146/04). Spätestens an dieser Stelle zahlt sich eine nachvollziehbare und vollständige Dokumentation der Leistungsnachweise aus, da die Internetagentur bis zur Abnahme des Werkes die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass das Werk im Wesentlichen mangelfrei hergestellt wurde.

Jetzt könnte sich die Agentur noch darüber ärgern, dass sie zur Gerichtsverhandlung einmal quer durch Deutschland fahren muss, weil kein Gerichtsstand vor Ort vereinbart wurde. Sofern der Kunde kein Verbraucher ist, wäre dies nämlich unproblematisch möglich gewesen.

Webdesignvertrag

Dieser Fauxpas wiederholt sich jedoch nicht. Zukünftig werden konkrete Regelungen getroffen und zwar insbesondere in Bezug auf

  • ein Pflichtenheft (Definition der Struktur und Funktionalität der Internetseite)
  • die konkreten Projektphasen (Milestones)
  • den verantwortlichen Ansprechpartner
  • die Möglichkeiten den Vertrag zu kündigen
  • den Ablauf der Abnahme
  • die vereinbarte Vergütung
  • zusätzlich entstehende Aufwände bei Leistungsänderungen
  • die Rechteeinräumung
  • Gewährleistung und Haftung
  • den Gerichtsstand

Fazit

Obgleich das Gesetz dem Webdesigner Möglichkeiten an die Hand gibt, auch ohne einen schriftlichen Webdesignvertrag ihre Vergütungsansprüche geltend zu machen, schaffen im Vorfeld getroffene konkrete Regelungen Sicherheiten – auf beiden Seiten. Denken Sie an Ihre Kunden, die eine vertragliche Regelung erwarten und Ihnen nicht den Zuschlag geben, weil sie Vertrauen und Professionalität gedanklich miteinander verbinden.

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Ralph Klenke ist Rechtsanwalt in Hannover und Gründer des Musiklabels Envloop Records. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Marken- und Wettbewerbsrecht sowie im Urheber- und Medienrecht.


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In Vertragsrecht von Ralph KlenkeZuletzt geändert am 5. Juli 2020